Hohlbein, Wolfgang Die Saga Von Garth Und Torian 04 Die Strasse Der Ungeheuer 

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Er konnte die gleichförmig gewellten Sanddünen der Staubwüste
erkennen, jenseits des Bergschattens, so klar, wie es nur hier in der
Wüste möglich war, den schwarzen Lavastein, auf dem er lag - und
dazwischen war nichts. Es schien, als existiere der Ausschnitt der
Welt, der zwischen ihnen und dem Kastell lag, einfach nicht.
»Das& das ist Zauberei«, murmelte eine Stimme neben ihm. Tori-
an wandte den Blick und starrte den Mann neben sich an. Nassan war
ein dunkelhaariger Bursche von höchstens zwanzig Jahren, mit
schmächtigen Schultern und einem etwas weichlichen, stets ver-
schlossenen und düsteren Gesicht. Er gehörte zu der von Cathar ge-
dungenen Mörderbande, aber irgendwie paßte er nicht dazu. Er war
still und in sich gekehrt, hielt sich meist ein wenig abseits von den
anderen, und obwohl eigentlich nichts an ihm auffällig war, hob er
sich schon durch seine bloße Anwesenheit von ihnen so stark ab, daß
sich Torian sogar an seinen Namen erinnerte. Er hatte schon mehr-
fach überlegt, wie der junge Mann in diese Gesellschaft geraten
konnte, war aber nie dazu gekommen, ihn zu fragen. Nach kurzem
Zögern schluckte er den scharfen Verweis, der ihm auf der Zunge
lag, hinunter. Im Grunde hatte Nassan nur ausgesprochen, was auch
er insgeheim dachte. Was sie alle insgeheim dachten. Diese lichtfres-
sende Schwärze dort vor ihnen war nur noch mit Zauberei zu be-
zeichnen, wie diese ganze fremde Welt, die sie mit dem ersten Schritt
in den Flüsterwald betreten hatten, von Magie durchdrungen zu sein
schien.
»Wahrscheinlich ist es nur eine Illusion«, wiegelte er ab, ohne daß
es ihm allerdings gelang, in seiner Stimme die Überzeugung mitklin-
gen zu lassen, die diese Worte eigentlich verlangt hätten. »Wir dür-
fen uns davon nicht verrückt machen lassen.«
Nassan nickte, dann seufzte er und trat ein paar Schritte zurück, um
aus dem Schatten des Felsens zu gelangen. Es war unglaublich, aber
die Dunkelheit tiefster Nacht und die grelle Helligkeit des Tages la-
gen in der Tat nur wenig auseinander. Nassan hob die linke Hand
über das Gesicht, um sich vor dem grellroten Sonnenlicht des Mor-
gens zu schützen, wischte sich mit Daumen und Zeigefinger die Trä-
nen fort, die ihm Müdigkeit und Licht in die Augen getrieben hatten,
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und blickte beinahe andächtig in die Wüste hinaus. »Ich habe mich in
den letzten Nächten oft gefragt, ob ich den Sonnenaufgang noch
einmal sehen würde. Vielleicht ist es heute das letzte Mal. Der Mor-
gen vor der Schlacht& « Er seufzte abermals. »Mein Gott, warum
muß er immer so schön sein?«
Torian antwortete nicht. Was hätte er auch sagen sollen? Es war
ein ausnehmend schöner Morgen, voller Ruhe und Frieden und einer
schwer in Worte zu fassenden Sanftheit, und trotzdem hatte - viel-
leicht für alle außer ihm unsichtbar - der Tod bereits seine häßliche
Klaue nach dem kommenden Tag ausgestreckt. Er lauerte in den
Schatten, verbarg sich in den leise flüsternden Stimmen, die der
Wind herantrug, und wartete dort oben in den finsteren Gewölben
der Burg, die sich hinter der Wand unnatürlicher Dunkelheit verbar-
gen. Und wenn dort oben wirklich etwas auf sie lauerte, dann würde
es eine Schlacht geben, und dann würde vielleicht wirklich keiner
von ihnen den nächsten Sonnenaufgang erleben. Er fragte sich, ob
Nassan wohl mehr ahnen mochte, als er aussprach, aber er wußte
auch, wie gefährlich Gedanken dieser Art waren, und daß er sie nicht
ohne Widerspruch hinnehmen durfte.
»Du bist ein Narr«, erwiderte er härter, als vielleicht notwendig
gewesen wäre. »Dies ist kein Platz für Träumer. Wenn du dauernd
nur an den Tod denkst, dann spring doch in die Tiefe, und du wirst
ihn kennenlernen.«
Nassan schien widersprechen zu wollen. Für einen Moment flamm-
te Trotz in seinem Blick auf, dann purer Zorn: Sein Gesicht verzerrte
sich zu einer Grimasse, und er legte die Hand auf den Schwertknauf,
aber dann schien er sich im allerletzten Moment zu besinnen, wem er
gegenüberstand, und statt aufzufahren, atmete er nur lautstark aus.
»Schon gut, ich habe es nicht so gemeint«, lenkte Torian ein. Seine
Worte erschreckten ihn selbst. Er hatte Nassan nicht beleidigen wol-
len, aber wieder hatte er für wenige Sekunden diesen erschreckenden
Drang verspürt, Böses zu tun; seine innere Antwort auf die äußere
Umgebung. »In meiner Heimat gilt eine alte Weisheit«, fügte er
rasch mit sanfterer Stimme hinzu. »Sie besagt, daß man den Tod her-
beilockt, wenn man allzu oft an ihn denkt. Konzentriere dich auf das,
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was vor uns liegt, nicht auf Grübeleien über den Tod. Nicht jetzt und
nicht hier. Aber nun sei still.« Er machte eine befehlende Geste, um
seine Worte zu unterstreichen, lächelte Nassan aber noch einmal
flüchtig zu, und wandte sich dann wieder dem Berghang und dem
unheimlichen Schatten zu. Die Burg blieb, was sie war: ein düsterer,
unheilverkündender Flecken Schwärze. Wie ein Loch in der Wirk-
lichkeit.
Torian fror mit einem Mal noch stärker als zuvor, und wie zur Ant-
wort auf seine Unheil ahnenden Gedanken erscholl irgendwo hinter
ihnen ein helles, trockenes Knacken. Er fuhr zusammen, packte sein
Schwert und riß es aus der Scheide.
»Was war das?« flüsterte Nassan. Seine Stimme kam Torian fremd
vor, so sehr zitterte sie vor Furcht und nur mühsam unterdrücktem
Entsetzen. Er antwortete nicht, sondern versuchte einige endlose Se-
kunden lang vergeblich, die Schwärze um sie herum mit Blicken zu
durchdringen.
Dann wiederholte sich das Geräusch, und es war sehr viel lauter
diesmal: ein helles Knacken, wie das Kollern eines Steins. Und eine
Sekunde später glaubte Torian einen Schatten zu sehen, der sich ih-
nen aus Richtung des Lagers näherte. Wahrscheinlich einer der Män-
ner, der schon früh aufgestanden war.
»Wer ist da?« rief Torian.
Der Schatten antwortete nicht, aber er blieb stehen: ein großer,
finsterer Umriß, gerade an der Grenze des Sichtbaren, jedoch un-
zweifelhaft der eines Menschen. Torian runzelte die Stirn, packte
sein Schwert fester und trat einige Schritte vor.
»Wer ist da?« fragte er noch einmal, sehr viel schärfer diesmal und
mit einer Kraft in der Stimme, die ihm der Zorn gab. Er machte noch
einen Schritt weiter nach vorn, und jetzt glaubte er die schwarze Kut-
te Cathars zu erkennen. Er atmete auf. »Bei Ch tuon, was soll das?«
fragte er ärgerlich. »Warum antwortest du nicht?« Er ließ sein
Schwert sinken.
Es war beinahe die letzte Bewegung seines Lebens und tatsächlich
die letzte, die Nassan wahrnahm.
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Die Gestalt verschwand blitzschnell und tauchte in der nächsten
Sekunde wie ein Schatten wieder über ihnen auf; ein Dämon, den die
Nacht ausgespien hatte und der lautlos und schnell wie der Tod war.
Torian fand gerade noch Zeit, seinen schrecklichen Irrtum zu erken-
nen und herumzufahren, da blitzte es über ihm auf. Der Säbel der
schwarzgekleideten Gestalt beschrieb einen engen, unglaublich ra-
schen Halbkreis, trennte Nassans Kopf von den Schultern und hackte
noch in der gleichen Bewegung nach Torians Kehle. Torian warf sich
verzweifelt herum; trotzdem zerfetzte die rasiermesserscharf ge-
schliffene Klinge sein Wams und das Kettenhemd darunter und hin-
terließ eine tiefe Wunde in seiner Schulter. Er brüllte vor Schmerz
und Schrecken, kam endlich auf die Füße und parierte den blitz-
schnell nachgesetzten Hieb des Angreifers mit seiner eigenen Waffe.
Es war, als hätte er auf Stahl geschlagen. Sein eigenes Schwert,
ungeschickt und viel zu unkontrolliert in die Höhe gerissen, wurde
ihm aus der Hand geprellt, und ein dumpfes Pochen zuckte bis in
seine Schultermuskeln hinauf und verwandelte sie in ein nutzloses
Bündel aus Schmerz und verkrampftem Gewebe. Aber wenigstens
nahm er dem Hieb so genügend von seiner Kraft, daß die Klinge ihn [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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