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schlug den Schleier zurück, der ihr Gesicht bisher verhüllt hatte, und Lancelot erschrak. Sie war
sehr blass. Ihr Gesicht war schön wie immer, doch ihre Augen waren von einer Trauer erfüllt, die
sehr tief ging.
»Ihr habt ihn nicht gekannt«, sagte sie noch einmal. »Aber er war Euch sehr ähnlich. Vielleicht
nicht äußerlich. Er war kein Ritter. Kein Edelmann. Und ich glaube, er war nicht einmal besonders
tapfer, aber in seinem Herzen war er wie Ihr.«
Nicht zum ersten Mal an diesem Tag hatte Lancelot plötzlich das Gefühl, keine Luft mehr zu
bekommen.
»Von wem & sprecht Ihr?«, fragte er stockend.
»Sein Name war Dulac«, antwortete Gwinneth. Sie drehte sich wieder herum, ohne den Schleier
vor ihr Gesicht zu senken, und sah auf das schlichte Grab hinab.
»Dulac?«, krächzte Lancelot.
»Er war ein einfacher Küchenjunge«, sagte Gwinneth. »Wahrscheinlich hat er Euch ein paar Mal
das Essen gebracht und den Wein, aber ich glaube nicht, dass Ihr Euch an ihn erinnert. Er & fehlt
mir.«
Selbst wenn Lancelot in diesem Moment hätte antworten wollen, hätte er es gar nicht gekonnt.
Seine Kehle war zugeschnürt, seine Stimme verweigerte ihm den Dienst und er war froh, dass
Gwinneth nicht in seine Richtung blickte. Es war ein unheimliches Gefühl, an seinem eigenen Grab
zu stehen, und es war fast absurd: Er war eifersüchtig auf sich selbst. Was er in Gwinneths Stimme
hörte, das war nicht nur die Trauer über den Verlust eines guten Freundes. Da war mehr. Viel mehr.
Aber es kam auch noch etwas anderes hinzu. Dieses Grab hätte gar nicht da sein dürfen. Sicher,
Artus hielt ihn für tot, und als er Camelot verlassen hatte, da war er sehr sicher gewesen, den
nächsten Morgen nicht mehr zu erleben. Wie ein verletztes, sterbendes Tier hatte er sich
verkrochen, um einsam und allein zu sterben, und es hatte keinen Leichnam gegeben, den man hier
beerdigen konnte.
»Wart Ihr & wart Ihr dabei, als er starb?«, fragte er stockend.
Gwinneth schüttelte den Kopf. »Nein. Er starb in Artus Armen. Der Dolch, der sein Herz
durchbohrte, galt Artus, aber er hat ihn nicht sofort getötet. Ich habe so darum gebetet, dass Gott
gnädig sein möge und ihm das Leben schenken würde, aber meine Gebete wurden nicht erhört.
Artus hat die ganze Nacht gewacht, aber schließlich starb er.«
»Hat Artus Euch das erzählt?«, fragte er zögernd.
Gwinneth nickte. »Er hat diesen Jungen gemocht«, sagte sie. »Er hat es nie gesagt, aber irgendwie
hatte er ihn ins Herz geschlossen.«
Ja, dachte Lancelot bitter, so sehr, dass er ihn sogar hatte beerdigen lassen, ohne dass es einen
Leichnam gegeben hatte. Er verstand es nicht. Warum? Hatte Artus so sichergehen wollen, dass
Gwinneth ihn für tot hielt, dass er nicht einmal abwartete, bis man seinen Leichnam gefunden hatte,
sondern ihn beerdigen ließ, obgleich er gar nicht da war? Diese Vorstellung war so absurd, dass er
sich weigerte, den Gedanken auch nur in Erwägung zu ziehen.
Obwohl es doch der einzige war, der irgendeinen Sinn ergab.
»Es tut mir Leid«, murmelte er. »Ich hätte ihn gern kennen gelernt, so, wie Ihr ihn beschreibt,
Mylady.«
»Mylady?« Gwinneth sah zu ihm hoch. Die Trauer in ihrem Blick wurde tiefer. »Mylady?«,
wiederholte sie. »Bin ich nicht mehr für dich, Lancelot?«
»Ihr seid die Braut meines Königs«, antwortete Lancelot, wobei er das Gefühl hatte, an jedem
einzelnen Wort, jeder einzelnen Silbe ersticken zu müssen. Trotzdem fuhr er fort: »Ich würde mein
Leben für Euch geben, ebenso wie für Artus.«
Gwinneth nickte. »Aber darüber hinaus«, meinte sie, »bin ich einfach nur Eure Königin, habe ich
Recht?« Ihre Stimme wurde bitter.
»Haben wir denn eine andere Wahl?«, fragte Lancelot.
Diesmal antwortete Gwinneth nicht mehr. Sie sah ihn noch einen Moment lang auf diese
unendlich traurige Art an, dann hob sie langsam die Hände, ließ den Schleier wieder vor ihrem
Gesicht heruntergleiten und drehte sich um, um zu gehen. Lancelot folgte ihr nicht.
Er sah auch Parzifal an diesem Tag nicht wieder, ebenso wenig wie Mandrake, Hardland,
Leodegranz oder irgendeinen anderen der Tafelritter und auch Artus nicht.
Er verbrachte den Rest des Tages und die Nacht allein in seinem Zimmer und es war das erste Mal
seit langer Zeit wieder, dass er sich in den Schlaf weinte.
Die Posaunen waren so laut, dass er das Gefühl hatte, seine Trommelfelle müssten platzen. Lancelot
verzog das Gesicht. Nun also war der große Tag gekommen. Er war früh aufgewacht, mit den
verschwommenen Erinnerungen an irgendeinen Albtraum hinter der Stirn, trotz der Morgenkühle,
die sich in seinem Zimmer eingenistet hatte, schweißgebadet und mit einem schlechten Geschmack
im Mund, der nicht auf das Essen vom vergangenen Abend zurückzuführen war, sondern seinen
Gemütszustand widerspiegelte. Heute also in weniger als einer halben Stunde! würde er jenen
Menschen, den er über alles auf der Welt liebte und für den er ohne zu zögern sein Leben
hingegeben hätte, eigenhändig zum Altar fuhren, damit er den Menschen heiratete, dem all seine
Treue und Freundschaft gehörte. Für jeden Einzelnen hier in Camelot war dies ein Feiertag, ein Tag
großer Freude und neuer Hoffnung, mit der er in die Zukunft blicken konnte, aber für ihn war er das
genaue Gegenteil.
Der schlimmste Tag in seinem Leben.
Lancelot trat mit gemessenen Schritten durch das weit offen stehende Stadttor und wandte sich
nach links. Die kleine Kapelle und der Friedhofwaren hinter der Menschenmenge, die gekommen
war, um Artus und seiner Braut zuzujubeln, nicht mehr zu sehen. Wohin er auch blickte, sah er in
fröhliche und lachende Gesichter, schallten ihm Jubelrufe und die Glückwünsche der Bewohner
Camelots entgegen, winkten ihm bunte Tücher zu oder wurde ein Weinbecher übermütig in seine
Richtung geschwenkt. Es schien, als wären sämtliche Bewohner der Stadt gekommen, um Artus
und Lady Gwinneths Hochzeit mitzuerleben, ganz gleich ob Alt oder Jung, gesund oder krank.
»Was habt Ihr, mein Freund? Ihr seht nicht sehr fröhlich drein.«
Lancelot fuhr aus seinen Gedanken hoch und drehte mit einem Ruck den Kopf. Im ersten Moment
verstand er nicht genau, was der Mann neben ihm gesagt hatte; er erkannte ihn nicht einmal, obwohl
er kaum einen Schritt neben ihm ging. Dann fand er in die Wirklichkeit zurück und beeilte sich,
hastig den Kopf zu schütteln und Braidens Frage mit einem Lächeln die Schärfe zu nehmen: »Ich
habe nicht besonders gut geschlafen«, antwortete er. »Das ist alles.«
Der alte Tafelritter lächelte verständnisvoll. »Damit befindet Ihr Euch in guter Gesellschaft«,
sagte er mit einem gutmütigen Grinsen. »Ich glaube, keiner von uns hat in dieser Nacht mehr als
eine Stunde Schlaf gefunden und die meisten vermutlich nicht einmal die.« Sein Grinsen wurde
breiter. »Ihr wisst doch, wie das mit Junggesellen ist. An ihrem letzten Abend als unverheiratete
Männer müssen sie all ihren Freunden beweisen, dass sie immer noch trinkfest sind wie eh und je.«
»Hat Artus es Euch bewiesen?«, fragte Lancelot.
Sir Braiden nickte. »Und ob! Manchmal hatte ich das Gefühl, er hätte sich vorgenommen den
Weinkeller ganz allein leer zu trinken.« Er schüttelte den Kopf. »Er hat es nicht geschafft, aber er
war auf dem besten Wege.«
Lancelot lächelte pflichtschuldig zurück und sah dann wieder nach vorne. Braiden war
diplomatisch genug gewesen, ihn nicht zu fragen, wo er eigentlich am vergangenen Abend gesteckt
hatte, aber er hatte von einigen der anderen Ritter gehört, dass sein Fehlen durchaus aufgefallen war
und Artus es nicht besonders wohlwollend zur Kenntnis genommen hatte. Es war ihm egal.
Artus würde heute mehr als genug zu tun haben und kaum die Gelegenheit finden, ihn zur Rede
zu stellen, und wenn die Sonne das nächste Mal aufging, dann wäre er nicht mehr hier.
Braiden musste gespürt haben, dass ihm das Thema trotz all seiner Scherzhaftigkeit unangenehm
war, denn er sprach nicht weiter und sie gingen langsam an der Spitze einer Kolonne aus gut dreißig
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